Sonstige Urteile


Ein 11jähriges Kind trägt Alleinschuld nach Verkehrsunfall mit 57jähriger Radfahrerin

 

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 16.09.2016 -9U238/15-

 

Im vorliegenden Sachverhalt stieß ein auf der falschen Seite verbotswidrig mit dem Fahrrad fahrendes Kind (11 Jahre) mit einer Radfahrerin (57 Jahre) zusammen. Die Radfahrerin erlitt schwerwiegende Verletzungen (Fraktur Sprunggelenk / Versteifung des Knie).Das Kind befuhr den Gehweg (nicht für Radfahrer freigegeben) mit dem Fahrrad in falscher Richtung. Die Radfahrerin fuhr an die Einmündung heran und wurde von dem Kind erfasst. Da das Kind aufgrund des Alters den Gehweg nicht mehr benutzen durfte und sich das Kind der Verantwortlichkeit seines Handelns bewusst war, wurde ihm die Alleinschuld zugesprochen


Fehlender Fahrradhelm begründet keine Mitschuld

 

BGH (Urt. v. 17.06.2014, Az. VI ZR 281/13)

 

Nachdem unterschiedlichste (Oberlandes-)Gerichte unterschiedlichste Urteile gefällt hatten, trifft der BGH nun eine Entscheidung:

Da es sowohl keine gesetzliche Helmpflicht für Fahrradfahrer gibt als auch das Bewusstsein bei den Zweiradfahrern nicht gegeben war, entschied der BGH, dass bei einem Verkehrsunfall dem beteiligten Radfahrer ohne Helm keine Mitschuld zuzurechnen sei.

Zuvor hatte das OLG Nürnberg ebenso geurteilt, weil es keine gesetzliche Helmpflicht für Radfahrer gibt.

Anderer Meinung war das OLG Schleswig, dass ein Mitverschulden begründete, wenn der Fahrradfahrer keinen Fahrradhelm trug (2013).

 

Aufgrund der steigenden Zahl der Radfahrer, die einen Schutzhelm nutzen, ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass der BGH in ein paar Jahren anders entscheiden könnte.


TÜV-Neu bedeutet für den Kunden ein verkehrssicheres Fahrzeug

 

BGH (Urt. v. 15.04.2015, Az. VIII ZR 80/14)

 

Ein Fahrzeug, welches mit dem Prädikat „TÜV-Neu“ von einem Gebrauchtwagenhändler verkauft wird, muss nach dem Urteil des BGH verkehrssicher sein.

Eine Frau hatte im Jahre 2012 einen 13 Jahre alten Opel Zafira erworben, der, wie im Kaufvertrag auch vermerkt wurde, am Kauftag erfolgreich die Hauptuntersuchung bestanden habe. Bereits am nächsten Tag versagte jedoch der Motor und es wurden beschädigte Bremsleitungen festgestellt.

Eine Nacherfüllung durch Reparatur des Fahrzeugs lehnte der BGH ab und bestätigte die Urteile der Vorinstanzen. Die Frau konnte das Fahrzeug zurückgeben.

 

Für das Urteil war es zudem unerheblich, ob die Frau arglistig getäuscht wurde oder nicht.


Pfützen muss nicht ausgewichen werden

 

LG Itzehoe v. 24.02.2011 (Az.: 1 S 186/10)

 

Das Landgericht Itzehoe entschied erstaunlicherweise, dass Fahrzeugführer Pfützen nicht ausweichen müssen, um eine Verunreinigung der Bekleidung eines Fußgängers zu vermeiden.

Begründet wurde dieses mit der Aussage, dass bei Niederschlag sonst in Ortschaften mit Schrittgeschwindigkeit gefahren werden müsse, um eine Verunreinigung zu vermeiden. Dies stellt eine nicht zumutbare Beeinträchtigung dar.

 

Vielmehr müssten Fußgänger sich wettergerecht anziehen und gegen Verschmutzung schützen. Es besteht kein Anspruch auf Schadenersatz.


Transporte von herrenlosen Hunden sind gewerbsmäßige Tiertransporte und unterliegen den Vorschriften für gewerbsmäßige Tiertransporte

 

Bundesverwaltungsgericht BVerwG 3 C 23.15

 

Hundetransporte von herrenlosen Hunden stellen nicht nur eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 dar, da sie gegen ein kostendeckendes Entgelt abgegeben werden, sondern unterliegen damit auch den gesetzlichen Bestimmungen für gewerbsmäßige Tiertransporte. Somit müssen bei Transporten von Hunden die Regeln für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Tiere durch den Transporteur entsprechend der Richtlinien behandelt werden.


Einkaufswagen sind keine Fahrzeuge

 

Landesgericht Düsseldorf (Az. 29 Ns 3/11)

 

Ein rollender Einkaufswagen, der gegen ein parkendes Fahrzeug rollt, stellt kein Verkehrsunfall dar. Aus diesem Grund ist das Entfernen vom Unfallort auch keine Verkehrsunfallflucht.

 

Das Landesgericht Düsseldorf  entschied, dass das Rollen des Einkaufswagen gegen einen Pkw nicht zu den typischen Gefahren des Straßenverkehrs gehört und somit kein Verkehrsunfall vorlag.

Davon abweichend könnte es sich beim Rollen des Einkaufswagen gegen ein fahrendes Fahrzeug doch um einen Verkehrsunfall handeln.


Dashcam

 

Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 04.05.2016 - 4 Ss 543/15 

 

Das Amtsgericht Reutlingen verurteilte einen Betroffenen wegen des Verstoßes gegen das Rotlicht einer Lichtzeichenanlage (länger als sechs Sekunden Rotlicht) zu einem Bußgeld und wies die Tat anhand einer Aufzeichnung einer Dashcam nach. Die Aufzeichnung mittels der Dashcam geschah anlasslos.

Die Rechtsbeschwerde wurde vor dem OLG Stuttgart abgewiesen, weil die Videoaufnahmen von Verkehrsvorgängen zwar in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen eingriffen, die Intensität und Reichweite des Eingriffs in diesem konkreten Fall jedoch als gering anzusehen war.


Kennzeichen mit Reichsflagge beklebt

 

Verwaltungsgericht Stuttgart, Gerichtsbescheid vom 29.01.2015 - 8 K 4792/14

 

Das VG Stuttgart entschied, dass das Bekleben der Europasterne mit einem Aufkleber (Reichsflagge) ein Verstoß gegen die Fahrzeugzulassungsordnung darstellt. 

Die Anlage 4 zu § 10 Abs. 2 S. 2 FZV regelt das Erscheinungsbild des Kennzeichen. Eine Veränderung des Kennzeichen führt dazu, dass das Fahrzeug auf öffentlichen Straßen nicht mehr betrieben werden darf.

§ 10 Abs. 2 Satz 1 FZV besagt, dass Kennzeichenschilder nicht spiegeln, verdeckt oder verschmutzt sein dürfen; sie dürfen nicht zusätzlich mit Glas, Folien oder ähnlichen Abdeckungen versehen sein, es sei denn, die Abdeckung ist Gegenstand der Genehmigung nach den in Absatz 6 genannten Vorschriften.

 

Tatbestand gemäß Tatbestandskatalog:

810618

Sie nahmen das Fahrzeug in Betrieb, dessen amtliches Kennzeichen mit Glas, Folie oder ähnlichen Abdeckungen versehen war.

 

§ 10 Abs. 2, 12, § 48 FZV, § 24 StVG; 179b BKat

(B-0)   65,00 Euro

 

 

810619

Analog für Anhänger 


Betriebsuntersagung für „Feierwehr-Fahrzeug“

 

Verwaltungsgericht Koblenz, Entscheidung vom 21.07.2015 - 5 L 599/15.KO -

 

Da ein Privatfahrzeug mit Blaulicht, Einsatzhorn und reflektierenden Streifen entsprach nicht den Regelungen der Straßen­verkehrs­ordnung, wurde ihm der Betrieb durch das VG Koblenz untersagt.

Der Eilantrag eines Kraf­tfahrzeug­halters, der ein ehemaliges Feuerwehrfahrzeug  mit Beschriftung, Rundumleuchten, Signalanlage und Durch­sage­laut­sprecher versehen hatte, wurde abgelehnt. Der Grund des Verwaltungsgerichts: Das Fahrzeug entspricht in seinem derzeitigen Zustand nicht der StVO.

 

Nachdem der TÜV den Betrieb des ehemaligen Feuerwehrfahrzeugs, welches zudem mit gelben reflektierenden Streifen versehen war und mit der Beschriftung „Feierwehr“ beklebt worden war, untersagt hatte, ging der Halter dagegen vor.

Der TÜV forderte das Entfernen der Blaulicht- und Sirenenanlage, der gelben reflektierenden Streifen und Schriftzüge.

Die Ausstattung des Fahrzeug mit Blaulicht, Einsatzhorn und reflektierenden Streifen sei speziellen Institutionen, insbesondere den Einsatz- und Kommandofahrzeugen der Feuerwehren, vorbehalten.

Das Aussehen des Fahrzeugs würde irrtümlich zu einer Wahrnehmung als Feuerwehrfahrzeug führen, was bei einem Privatfahrzeug jedoch nicht zulässig sei.


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